Dem rührigen Vorsitzenden des Lauinger „Kulturmarkt“, Anton Grotz ist es gelungen „die damaligen Protagonisten“ bei der Sanierung des - nach dem Rathaus - schönsten Gebäudes Lauingens, dem „Schneckensteinhaus“ für erhellende Vorträge zu gewinnen.
Durch die Sprengung der Donaubrücke durch Pioniere der Nazis wurde das ursprüngliche „Pfeiferhaus“ (Schlosserei Pfeifer) brutal beschädigt. Als Kinder ist uns schon das viele Blech anstelle der sonst üblichen Dachziegel aufgefallen, aber die Nachkriegszeit kannte noch keine „Rundumversorgung“, sondern man war froh um alles, was man hatte; und seien es hochwertige Aluminiumbleche, die eigentlich für die ME 262 vorgesehen waren. (Heimliche Produktion vorgesehen in einem Lauinger Industriebetrieb). Das Dach musste ja abgedichtet werden.
Nach Gründung der Bundesrepublik trauten sich mutige Menschen zu, wieder etwas zu unternehmen, und so zog die Firma Robert Stein in dieses Haus und handelte überwiegend mit Schnecken. Fast alle Buben sammelten zur damaligen Zeit diese Tierchen und verkauften sie für ein paar Zehnerle an Herrn Stein. Die Firma selbst betrieb am Helmeringer Weg erfolgreich eine Schneckenfarm. Als Delikatesse geschätzt, wurden sie überwiegend nach Frankreich exportiert.
Als sich dieses Geschäft aus familiären Gründen wieder erledigte, stand das Gebäude jahrelang leer, ehe es dann - die Wirtschaftsgeschichte geht immer weiter - unsere inzwischen neuen Mitbürger, die muslimischen Arbeiter der Firma Ködel & Böhm bzw. Lagu kauften. Sie richteten dort ihre bescheidene Camî, ihren Gebetsraum ein.
Aber: Wir wussten durch ein von der Stadt in Auftrag gegebenes Gutachten des Architekten Domes detailliert über die Schwachstellen des Hauses Bescheid; doch keine staatliche Stelle reagierte. Als dann aber unser verdienstvoller Stadtbaumeister Hippeli „Alarm schlug“, das Jahrhunderte alte Haus sei „wirklich akut einsturzgefährdet“, handelte der damalige Bürgermeister unverzüglich und ersuchte den Freistaat Bayern, ein sogenanntes Sanierungsgebot zu erlassen. Dem Ersuchen wurde stattgegeben, das Haus war daraufhin sozusagen rechtlich unbenutzbar, denn die braven „Gastarbeiter“ konnten sich die Sanierung nicht leisten. Die Folge war abzusehen: Die Muslime kamen auf den Bürgermeister zu und sagten: „Bürgermeister haben Problem, brauchen Moschee“; doch das wäre ein anderer Vortrag.
Das schicksalhafte Glück für dieses Objekt war dann das launige Zusammentreffen bei einem Grillfest des späteren Investors Windfried Mayr und dem immer schon für Lauingen brennenden Architekten Alfred Hitzler. Beide träumten von der Sanierung des Schneckensteinhauses, phantasierten und malten bunte Bilder in die Luft, brüteten wochenlang über das Wie und Ob, schmiedeten Pläne mit ein wenig Bezug zur Realität und rechneten Finanzierungen durch; es ging immerhin um ein Millioneninvest. Wie in einem Puzzle fügten sich ihre Vorstellungen immer mehr zusammen; das eine zum anderen.
Als es dann noch gelang, geeignete und engagierte Baufirmen zu motivieren, eine mit hervorragenden und fleißigen Handwerkern und absoluten Könnern aus Ungarn und Rumänien, hier mitzuwirken, ein Schmuckstück zum Leben zu erwecken, wurde zusammen mit der Stadtverwaltung, der Städtebau Kempten und dem Landesamt für Denkmalpflege ein „Dream-Team“ geschaffen, in dem man sich stets gegenseitig half und auf das man bauen konnte. Die bautechnischen, statistischen und baurechtlichen Schwierigkeiten waren gigantisch, doch das faire Miteinander war der Schlüssel zum Erfolg, sie zu überwinden. Nur so war es möglich, das städtebauliche Juwel wieder zum Glänzen zu bringen.
Die Abfolge der Details jener gemeisterten Herausforderung „Schneckensteinhaus“ schilderten im sehr gut besuchten Saal des Kolpinghauses zu Lauingen der Investor Winfried Mayr, der Architekt Alfred Hitzler, der Statiker Hans Then und der damalige Bürgermeister Georg Barfuß. Mit großem Beifall wurden die Sanierung des Schneckensteinhauses allgemein und die jeweiligen Vorträge der damaligen Macher im Besonderen bedacht. "Lauingen lebt! Und so muss es weitergehen."